Zwischen Picton und Havelock radeln wir während dieser Etappe über den berühmten Queen Charlotte Drive mit vielen Aussichtspunkten auf den Queen Charlotte Sound und seine Verästelungen. Wer Zeit hat, kann einen Abstecher auf dem Queen Charlotte Track unternehmen. Westlich von Havelock liegen zwei steile und hohe Pässe vor uns bis die Straße sich wieder hinab nach Nelson senkt.
Wir verlassen Picton auf dem Queen Charlotte Drive. Die schmale, fast nur von Touristen genutzte Straße windet sich auf den nächsten 34 Kilometern bis Havelock entlang des Queen Charlotte und Pelorus Sounds und ihrer Seitenarme. In unzähligen kleinen Kurven arbeitet sich das Sträßchen entlang der Meeresarme voran. Die Anstiege sind gemäßigt, so dass sich die Straße sehr gut fahren lässt. Gleich zu Beginn gibt es mehrere Aussichtspunkte mit einem schönen Blick zurück auf Picton und den vorgelagerten Meeresarm Picton Harbour.
Nach Queren einer kleinen Halbinsel schauen wir in den Grove Arm mit seinen vielen Verästelungen am nördlichen Ufer, einem Ausläufer des riesigen Queen Charlotte Sounds. Über einen bewaldeten Höhenrücken auf der anderen Seite des Grove Arms verläuft der beliebte Queen Charlotte Track, er zweigt 19 Kilometer ab Picton vom Queen Charlotte Drive ab. Der Queen Charlotte Track ist eine Kombination aus Mountainbike Track und Wanderweg, er führt 71 Kilometer auf einem Höhenrücken entlang des Queen Charlotte Sounds bzw. des Grove Arms nach Norden. Allerdings sind während der Hauptsaison (siehe Beschreibung des Weges) die letzten Kilometer dieses Weges für Radfahrer gesperrt.
Wer sich den Abstecher auf dem Queen Charlotte Track spart, bleibt bis Havelock auf dem Queen Charlotte Drive. Die Straße ist sehr schön von Buschwerk eingerahmt, immer wieder laden Aussichtspunkte zu einem kurzen Stopp ein. Nach Überqueren des Kaituna Rivers mündet der Queen Charlotte Drive in den State Highway 6. Wir biegen nach rechts in den Highway ein und erreichen nach etwa einem Kilometer das kleine Zentrum von Havelock am Ende des Pelorus Sounds. In dem rührigen Ort gibt es immerhin mehrere Cafès, einen Store und einen Campingplatz.
Auf dem SH6 treffen wir nun leider auf etwas mehr Verkehr als auf dem Queen Charlotte Drive, auch ist mit einigen Lastwagen zu rechnen. Meistens kann auf einem schmalen Seitenstreifen gefahren werden. Die Straße bleibt nun 19 Kilometer bis zur Pelorus Bridge eben. Sie führt uns vom Meer weg in westlicher Richtung durch ein breites Tal mit dem Pelorus River. An der Brücke über den Pelorus River gibt es einen komfortablen DoC Campingplatz.Von hier kann man auch nette Wanderungen entlang des Flusses unternehmen.
Wir empfehlen, an der Pelorus-Bridge einen Übernachtungsstop einzulegen, da im weiteren Verlauf der Strecke bis Picton zwei größere Anstiege bevorstehen. Nach der Pelorus Brücke bleibt die Straße auf den ersten sieben Kilometern zunächst eben in einem Tal mit dem Rai River. Nach Passieren des Weilers Rai Valley steigt die Straße 190 Höhenmeter zum Rai Saddle an, dem ersten von zwei Pässen bis Nelson. Die Steigung beträgt 5 bis 7%, in der Spitze mal 8%. Wir fahren durch ein dicht bewaldetes Tal bis auf eine Höhe von 240 Metern aufwärts. Nach dem Pass senkt sich die Straße gleich wieder ab und wir rollen sehr angenehm auf sechs Kilometern und 215 Höhenmeter hinunter ins Collins Valley.
Nun bleibt die Straße für mehrere Kilometer leicht ansteigend in einem weiterhin schön bewaldeten Tal mit dem Whangamoa River bevor es zum zweiten Pass, dem Whangamoa Saddle, hinauf geht. Der Anstieg ist nun spürbar steiler und liegt häufig bei 10%. Auf dem SH6 gibt es einigen Verkehr, meistens haben wir jedoch einen schmalen Seitenstreifen zur Verfügung. Nur während der kurvenreichen Abfahrt nach Erreichen der Passhöhe von 360 Metern fällt oftmals der Seitenstreifen weg. Aber da wir abwärts schnell voran kommen, ist dieser Straßenabschnitt rasch erledigt.
Wir durchfahren den kleinen Ort Hira, dann steigt die Straße nochmals im Rahmen eines Schwenks nach Süden kurz um 40 Höhenmeter zum Gentle Annie Saddle an um schließlich das Meer zu erreichen. Die letzten 11 Kilometer bis Nelson sind ganz flach. Wir radeln auf einem Radweg parallel zum SH6 bis ins Zentrum von Nelson. Die Stadt bietet einige nette Einkaufsstraßen und natürlich auch große Supermärkte. Schön sind die Grünanlagen an der Kathedrale und am Fluss.
Unterkünfte entlang der Route sind in der Streckenübersicht beschrieben.
Auf den Straßen und Campingplätzen Neuseelands ist in der Hochsaison wirklich viel Betrieb. Da sind nicht nur die Touristen aus aller Welt unterwegs, sondern vor allem auch die Kiwis bereisen mit Wohnmobil und Kind und Kegel ihr wunderschönes Land. Wer wollte es ihnen auch verübeln. Die Reisewelle erreicht ihren Höhepunkt in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr. Und das in dieser Zeit mit Abstand beliebteste Ziel der Urlaubersehnsucht ist der Abel Tasman Nationalpark.
Aus gutem Grund hatten wir daher geplant, zunächst von Picton über Blenheim nach Süden über den Molesworth Muster Trail, eine ca. 200 Kilometer lange Pistenstrecke, zu fahren und uns die Nordküste der Südinsel für die Rückfahrt aufzuheben. Ein schweres Erdbeben bei Kaikura hatte uns jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nicht nur die Piste war auf nicht absehbare Zeit gesperrt, auch der SH 1 von Blenheim nach Christchurch und die Zugverbindung dorthin waren zerstört. Der gesamte Verkehr wurde über Nelson und dann nach Süden über den Lewis Pass umgeleitet.
Wir mussten also unseren Reiseverlauf neu planen. Von Picton sind wir über Nelson nach Motueka und dann zum Cape Farewell gekurbelt. Vom Cape Farewell ging es dann über den Abel Tasman zurück nach Motueka und weiter über kleine Sträßchen nach Süden Richtung St. Arnoud und zur Rainbow Road nach Hanmer Springs. Hierdurch würden wir auf unserem Weg zur Westküste die gesperrten Straßen an der Ostküste umgehen und auch gleichzeitig den nun sehr stark befahrenen SH 6 meiden.
Und so landeten wir zwischen Weihnachten und Neujahr ungewollt genau im Auge des touristischen Orkans. Heiligabend verbrachten wir wenig romantisch auf einem Campingplatz in Richmond, der genau in der Einflugschneise des Flughafens lag. Statt Weihnachtsliedern lauschten wir dem Lärm der landenden Maschinen. In den sehr beliebten Urlaubsorten Motueka und Takaka sind die Campingplätze sehr voll. Mit viel Glück konnten wir noch mit Hilfe der i-Site in Takaka einen Stellplatz für drei Tage auf dem Campingplatz am Warariki Beach buchen. Die geplante Wanderung im Abel Tasman Nationalpark fiel jedoch ins Wasser, alle Campingplätze im Park waren restlos langfristig ausgebucht.
Am Warariki Beach verbrachten wir bei wunderbarem Wetter einige herrliche Wandertage. Wir genossen es, mal wieder zu Fuß unterwegs zu sein. Der Campingplatz war zwar auch rappelvoll, aber auf den Wanderungen war es herrlich ruhig und abgeschieden. Das tiefblaue Meer, die grünen Schafsweiden und der weiße Strand leuchteten wunderbar in dem klaren Licht. Ein heftiger Wind türmte die Brandung zu hohen Wellen und ließ Sandfahnen über den Strand tanzen.
Schließlich machten wir uns wieder auf den Rückweg. Dieses Mal schob uns ein angenehmer Rückenwind nach Osten und so erreichten wir mühelos Collingwood. Dort hatten wir wieder Handyempfang und buchten eine Fahrt mit dem Wassertaxi von Totaranui nach Kaiteriteri. Gott sei Dank war die Mitnahme der Fahrräder kein Problem. Als unmöglich erwies es sich jedoch, einen Campingplatz für diese und die nächste Nacht zu reservieren. Es war einfach alles über Silvester und Neujahr belegt.
Wir radelten trotzdem unbeschwert weiter- irgendeinen Platz hatten wir bisher immer gefunden und „wild“ zu zelten gefällt uns sowieso besser. Statt also abends auf den Campingplatz in Takaka zu rollen, versorgten wir uns im „Takaka Infusion“, einer sehr guten „German Style Bakery“ auf der Hauptstraße, mit richtigem Schwarzbrot und köstlichen Christstollen und füllten an der i-site unsere Wasserbehälter auf. Etwas außerhalb von Takaka finden wir am Meer in der Rotatai Reserve zwischen Büschen einen versteckten Platz zum Zelten – offiziell war das Übernachten hier nicht erlaubt – und genossen nachts einen unglaublich schönen Sternenhimmel. Die Milchstraße und das „Kreuz des Südens“ leuchteten über uns. Es war ein so dichtes Flimmern und Glitzern, man konnte wirklich von einem „Sternenzelt“ sprechen.
Am anderen Morgen schoben wir unsere Räder aus dem Buschwerk wieder auf den Weg und genau in diesem Augenblick kam uns eine Rangerin entgegen und wies uns freundlich, aber sehr bestimmt, darauf hin, dass hier Zelten bei Strafe verboten sei. Wir machten unschuldige Gesichter, schließlich hatten wir ja nur eine „Pause“ am Meer gemacht, und radelten unbehelligt weiter. In Takaka wurde in dem kleinen Park am Kriegerdenkmal erst einmal ausgiebig gefrühstückt. Hier gab es eine Toilette und Wasser zum Waschen und Spülen. Im Ort herrschte trotz der frühen Morgenstunde schon reger Einkaufsverkehr und nebenan wurde ein Flohmarkt aufgebaut. Wir genossen die Sonne, kochten in aller Ruhe unseren Tee und Porridge und schauten dabei dem Treiben zu. Wunderbare Freiheit des Radlerdaseins!
Sehr schön war dann auch die folgende Etappe nach Totaranui. Zunächst ging es entlang der herrlichen Küste, vorbei am Abel Tasman Memorial Outlook, mit weitem Blick über die Bucht und das glasklare, türkisfarbene Meer, und durch die kleine Siedlung Tata Beach. Hier warnten Straßenschilder vor „Penguin Crossing“. Ein paar Kilometer danach beginnt dann die Schotterstraße mit einem ordentlichen Anstieg. Im späteren Verlauf wird es aber flacher und es lässt sich gut fahren. Die Idylle des wunderschönen Regenwaldes störte leider der sehr rege Autoverkehr zum oder vom DoC-Platz in Totaranui. Na klar, es war Silvester, da musste noch mal in Takaka ordentlich Essen zum BBQ und Feiern eingekauft werden! Wir wurden auf der Piste ständig gnadenlos in Staubwolken gehüllt. Keiner machte sich die Mühe, für ein paar Radler zu bremsen. Manche 4WD-Helden hupten sogar, damit wir ihnen Platz machten.
Bereits zur Mittagszeit waren wir am DoC-Platz und kochten unser übliches Couscous mit Gemüse. Normalerweise machten wir das erst abends, aber wer weiß, wo wir diese Nacht einen Zeltplatz finden würden. In der Spüle am Koch-Shelter wuschen wir nicht nur unser Geschirr, sondern auch uns den Straßenstaub aus Gesicht und Haaren. Danach war Faulenzen am goldgelben Strand angesagt, denn unser Wassertaxi legte erst in einigen Stunden ab. Drei Stunden dauerte die Fahrt entlang der Küste, – goldene, von Palmen gesäumte Strände, kristallklares Wasser, bizarre Felsen und bewaldete Berge säumten die kleinen Buchten. Hier zu wandern oder mit dem Kanu zu fahren – ein wahr gewordener Südseetraum!
Es dämmerte schon, als wir in Kaiteriteri an Land gingen. Direkt gegenüber der Anlegestation lag ein wenig schöner Campingplatz – total überfüllt und ausgebucht. Also füllten wir hier nur unsere Wassersäcke und radelten aus dem Ort heraus. Die Straße führte entlang einer Steilküste - das dürfte mit dem Zelten dieses Mal nicht so einfach werden. Doch wir hatten mal wieder Glück. Die Straße war stellenweise neu ausgebaut. Ein altes Straßenstück wurde von beiden Seiten mit großen Felsbrocken abgesperrt, und war nun als Teilstück des „Great Taste Trails“ gekennzeichnet – und dort war am Straßenrand gerade genug Platz zwischen Asphalt und Abhang für unser Zelt. So verbrachten wir die Silvesternacht mitten auf dem Radweg, Prost Neujahr